Finchen erzählt

 

Allseits einen schönen Tag!

 

Vorige Tage war ich mit meiner Schwiegertochter Erika auf dem Friedhof. Es war wirklich mal wieder Zeit, das Grab von meinem Heinrich auf Vordermann zu bringen. Also haben wir das gemeinsam in Angriff genommen. Das heißt, ich habe die Blumen ausgesucht, Hornveilchen, weil ich die so sehr mag, und Erika hat sie eingepflanzt. Ich habe ihr gesagt, wo ich die Blümchen gerne hingesetzt hätte und ansonsten habe ich ihr zugesehen. Das Bücken fällt mir doch sehr schwer. Ich bin dann schon mal mit meinem Gehwägelchen und der kleinen Gießkanne zum Wasserhahn gelaufen, damit ich wenigstens ein bisschen helfen konnte. Wissen Sie, wen ich da getroffen habe? Die Karla Merten!

Karla und Günter hatten früher ihren Schrebergarten genau neben unserem. Nachdem Heinrich gestorben war und ich nicht mehr die Kraft für den Garten hatte und ihn abgeben musste, habe ich die beiden langsam aus den Augen verloren. Das ist jetzt bestimmt bald 10 Jahre her.

Na, auf jeden Fall hatten Karla und ich erst einmal eine Menge zu erzählen. Sie ist jetzt auch Witwe, da Günter im letzten Jahr gestorben ist.

Irgendwann kam Erika dazu, die mich und das Gießwasser schon vermisste. Sie kannte Karla auch noch und erinnerte sich, als Michael, mein Sohn, sie das erste Mal mit in den Garten brachte. 

 

Heinrich und Günter hatten gerade Würstchen auf den selbst gebauten Grill gelegt. Karla und ich hatten Nudel- und Kartoffelsalat vorbereitet. Wir Frauen hatten uns noch eine Erdbeerbowle gemischt und auch schon tüchtig gekostet. Die Männer beauftragten uns, auf die Würstchen zu achten. Sie wollten noch schnell irgendetwas, wofür sie Michaels Hilfe brauchten, in Günters Garten erledigen.

Als sie verschwunden waren, widmeten wir uns weiter unserer Bowle und natürlich auch, und das äußerst intensiv, der Freundin meines Sohnes, der Erika.

An die uns übertragene Aufgabe des Grillens dachten wir erst wieder, als die Männer aus dem Nachbargarten angestürmt kamen, weil sie befürchteten unsere Laube brennt…

Leider hatten sich unsere schönen Würstchen in schwarze, holzkohleähnliche Dinger verwandelt. Heinrich, Günter und Michael waren richtig sauer. Karla und ich dagegen konnten uns vor Lachen kaum halten. Wir hatten schon einen kräftigen Schwips.

 

Erika hatte dieses erste Treffen nur zu gut in Erinnerung. Sie fragte sich damals sicher, wo sie da wohl hin geraten war.

 

Als sie uns an die Geschichte erinnerte, musste sie auch herzlich lachen. Sie schmunzelte noch als sie das Grab goss.

Damit Karla und ich uns nicht wieder aus den Augen verlieren, haben wir uns direkt verabredet. Nachdem ich ihr erzählt habe, dass Michael und Erika nächste Woche für ein paar Tage in Urlaub fahren und ich mich ein bisschen mulmig fühle, so ganz allein, hat sie sofort beschlossen mich zwei- oder dreimal zu besuchen. Einmal nimmt sie mich mit zum Seniorenkino.

Vorher hatte meine Schwiegertochter auch schon bei lavida angefragt, ob die Damen mich einige Male besuchen würden. Da brauche ich ja auf meine alten Tage fast noch einen Terminkalender… 

Jetzt können die beiden fahren, ohne dass ich Angst vor dem Alleinsein haben muss.

 

Ich wünsche auch Ihnen eine schöne Zeit

 

Ihr Finchen Gosewehr